Die Chronik der SGH

Chronik
der Schützengesellschaft Heidenheim 1450 e.V.

Wie der Schießsport entstand

Der Schießsport ist eine der ältesten und traditionsreichsten Sportarten überhaupt. Was im Kampf ums Überleben mit Stein, Schleuder und Speer begann, wurde im Lauf der Zeit zu Pfeil und Bogen und Armbrust weiterentwickelt. Die Fernwaffe, für den Erstfall auf große Entfernungen eine Wirkung zu erzielen, die vorher nur im Nahbereich möglich war, wurde gleichzeitig und immer mehr zur physischen und psychischen Herausforderung.

Daraus wurde ein Sportgerät, das Disziplin und Verantwortungsbewußtsein voraussetzt, den sicheren Einsatz von Körper und Geist verlangt und ein nicht geahntes Erfolgserlebnis garantiert. Der Reiz liegt in einem scheinbaren Widerspruch. Das macht die Sache so faszinierend.

Da ist die Einsamkeit in den stillen Sekunden äußerster Spannung und Konzentration, da ist aber auch ein Leistungsgewinn, der sich nur an einer ebenso steten wie fairen Konkurrenz messen kann. Individualität und Persönlichkeit bestimmen das Bild der Wettkämpfe, die freilich ohne die gewachsene, gesellige Verbundenheit der Schützen nicht denkbar sind.

Es gibt kaum einen sportlichen Bereich mit einer derart ausgeprägten historischen Wertbeständigkeit. Manche Schützengesellschaften lassen sich in ihren Aktivitäten über 700 Jahre zurückverfolgen. Bei der Schützengesellschaft Heidenheim sind es nun auch schon 550 Jahre.

1896 ist der Schießsport in das olympische Programm aufgenommen worden, ein Jahr später fanden in Lyon erstmals Weltmeisterschaften statt und schon 1907 entstand die Internationale Schützen Union, heute Internationaler Schieß-Sportverband e.V. Nicht nur das Netz weltweiter Verbindungen, sondern auch die Präsenz bis in die kleinsten Gemeinden ist kennzeichnend für die Beliebtheit des Schießsports.

Die Fahnen der Schützen und ihr Brauchtum in großen Teilen unseres Vaterlandes beleben vieles von dem, was ansonsten nur noch in Dorfchroniken zu lesen ist. Vereinzelt allerdings werden die Schützen immer noch mit Mißtrauen konfrontiert und bekommen Seitenhiebe voller militaristischen Anspielungen verpaßt. Dem kann man nur mit der Feststellung entgegen halten, daß der Schießsport zu den ältesten Sportarten des Menschen gehört und daß ein großes Küchenmesser, entsprechend widersinnig angewandt, gefährlicher als ein Luftgewehr sein kann.

Wir finden Wettkämpfe von Schützen bereits in den Schilderungen von Homer. Aber auch in den Steinzeichnungen gibt es genug Beweise, daß sportliches Schießen nach einem Ziel – vor allem dem Hahn auf der Stange – zu den urtümlichsten Übungen der Leibeskunst gehört. Es ist diejenige Sportart, die auch die gesellschaftlich bindende Kraft des Sports in hervorragendem Maß zum Ausdruck bringt. Jedenfalls, wo Sport getrieben wird und wo es gilt, ihn zu fördern, gehört das Schießen mit dazu.

Schon lange bevor Odysseus meisterhaft die Pfeile in seinen Bogen spannte, berichteten die sogenannten Jägerkulturen mit Zeichnungen an den Wänden und Decken von Höhlen, etwa im Osten von Spanien, über ihre Bogenschützen. Einige zehntausend Jahre später notierte der berühmte Philosoph Confuzius (551 v. Chr. Geb.): „Nur ein tugendhafter Mensch kann ein guter Schütze sein.“

Zunächst war es die Jagd, die Selbstverteidigung und die Abwehr von Angriffen, auf die man sich konzentrierte. Doch dann, als sich die äußeren Lebensbedingungen änderten und nicht mehr alle Ziele auf Existenzkampf ausgerichtet waren, traten sportlich – spielerische Momente in den Vordergrund.

Mit dem Vogelschießen setzte allmählich das Schützenwesen in den Städten des Mittelalters ein. Die neue Macht und Freiheit der Städte im Mittelalter war ein guter Nährboden für das Schützentum, dem auf diesem Wege eine wichtige Schutzfunktion übertragen wurde. Denn als Adel, Herzöge und Fürsten wieder mehr Einfluß zu erreichen suchten, wollten sie sich nicht mehr allein auf die Waffen und die Rüstung der Ritter verlassen. Die Bürger bekamen die Armbrust. Auch im Sport wurde geübt, was zur Verteidigung gebraucht wurde. Schützengilden formierten sich. Schützenfeste traten an die Stelle der Ritter – Veranstaltungen. Das sorgte für Gleichberechtigung. Bürger und Adel traten gemeinsam zum Schuß auf den Vogel an.

Das Herzogtum Württemberg unterstützte die Schützen durch Finanzmittel. So auch die Schützen aus Heidenheim und Umgebung. So manches Bittgesuch ging an das herzogliche Haus nach Stuttgart und viele Erlasse richteten die Herzöge im Laufe der Zeit an Amt und Schützen von Heidenheim, aus dessen Inhalten im Nachfolgenden auszugsweise berichtet wird.

Gilden, Vereine und Gesellschaften rückten auch politisch in den Mittelpunkt. Aus dem 14. Jahrhundert gibt es die ältesten sicheren Meldungen über Freischießen der Schützen. Der Glanz währte bis ins 17. Jahrhundert hinein. Dann nehmen Macht und Einfluß der Städte ab, die Kriegsführung ändert sich und die Schützengesellschaften rutschen auf die Ebene von Vergnügungsvereinen.

Mittlerweile haben sie schon ganz andere Waffen zur Verfügung. Es kracht, wenn geschossen wird. Feuerwaffen tauchen auf und drängen seit dem 16. Jahrhundert die Armbrust in den Hintergrund. Schießordnungen werden niedergeschrieben, eigene Schießbahnen und oft sogar eigene Heime erbaut. Laufend gibt es neue technische Entwicklungen. Auf das Batterieschloß (1640) folgt das Perkussionssystem mit der chemischen Zündung. 1836 kommt das erste brauchbare Hinterladergewehr auf den Markt. Die Einheitspatrone, welche Zündmittel, Treibladung und Geschoß in sich vereint, wird verschossen. Das Schießen mit Feuerwaffen war nie billig, weil ausschließlich mit großkalibrigen Waffen geschossen wurde – das Kleinkalibergewehr wurde aus Großbritannien um 1930 in Deutschland bekannt und, weil kostengünstiger, beliebt. Trotz dieser revolutionierenden Erfindungen für Schießsport und Jagd im Laufe der Jahrhunderte blieben Pfeil und Bogen, Armbrust und Vorderlader-Waffen beliebte Sportgeräte bei den Schützen, mit denen auch heute noch Olympische Wettbewerbe und Weltmeisterschaften ausgetragen werden.

In einem Lexikon neuern Datums wird der Schießsport mit nüchternen Worten beschrieben:
Schießsport: Bezeichnung für die sportlichen Wettbewerbe mit Schußwaffen; es gibt Wettbewerbe im Gewehrschießen: Luftgewehr 10m; Zimmerstutzen 15m; Kleinkalibergewehr 50m; Scheibengewehr 100m; Freigewehr 300m; Pistolenschießen: Luftpistole 10m; Schnellfeuerpistole 25m;
Gebrauchs- oder Sportpistole 25m; Standardpistole 25m; Freie Pistole 50m. Geschossen wird auf Ring- bzw. Silhouettenscheiben. Laufender Keiler ist eine Disziplin, bei der eine mit einem Keiler bedruckte Scheibe als Ziel dient; sie ist auf einer 10 m breiten Schneise je Schußversuch nur 5 bzw. 2,5 Sekunden sichtbar. Wettbewerbe des Wurftaubenschießens sind Skeet- und Trapschießen. Als Ziel dienen dabei von einer Wurfmaschine in die Luft
geschleuderte Tonscheiben (›Wurftauben‹), auf die mit Schrotpatronen aus Jagdgewehren oder Wurftaubenflinten geschossen wird. Beim sportl. Bogenschießen betragen die Entfernungen 90, 70, 60, 50, 30 und 18m zur Ringscheibe. Armbrustschießen wird heute nur noch in S-Deutschland und in der Schweiz ausgeübt.

Unter dem Stichwort Schußwaffe stehen im gleichen Lexikon folgende Begriffe:
Schusswaffe: Handfeuerwaffe, Schießwaffe (schweiz.), Armbrust, Pfeil [und Bogen], Flitzbogen (ugs.) · mit Zündung: Feuerwaffe, Gewehr,  Schnellfeuergewehr, Waffe, Karabiner, Muskete, Flinte, Büchse, Stutzen, Donnerbüchse (scherzh.), Knarre (ugs.), Kracheisen (ugs.), Schießgewehr (Kinderspr.), Schießeisen (ugs.), Schießprügel (ugs.), Ballermann (ugs.), Tesching, Pistole, Maschinenpistole, Revolver, Terzerol, Browning, Colt, Kanone (salopp), Puste (salopp), Zimmerflak (salopp).

Die Vereinigungen von Schützen wird folgendermaßen beschrieben:

Schützengesellschaften (Schützengilden), im Spät-MA in den Städten freiwillige Vereinigungen der Bürgerschaft, die sich Schießübungen widmeten; heute örtliche Zusammenschlüsse zur Pflege des Schießsports und zur Erhaltung der Schützentradition.

Unter „Gewehr“ finden wir im Lexikon diese Beschreibung: Gewehr: langläufige Handfeuerwaffe für militär., jagdl. und sportl. Zwecke. Erste Handfeuerwaffen gab es bereits im 14. Jh. Bis zur Mitte des 19.) Jh. nur Vorderlader, bei denen Schießpulver und bleierne Kugel von vorn in den Lauf eingebracht und mit einem Ladestock festgedrückt wurden. Zündung anfangs durch glimmende Lunte, später durch Feuerstein (Flint) und federgespannte Schlösser. Ab 1825 Zündhütchen, flache Metallkapseln mit Knallquecksilberfüllung, nach 1860 Patronen mit Zündhütchen. Danach Entwicklung zum Hinterlader, bei dem die Patrone vom Laufende her eingeschoben wird. Beim Repetier-G. wird mechanisch (durch Schloßbetätigung) eine Patrone aus dem Magazin entnommen, geladen und gleichzeitig der Verschluß gespannt. Repetier-G. waren Standardwaffen im 1. und 2. Weltkrieg. Nach 1918 schon verstärkte Entwicklung zum automatischen Gewehr (Selbstlader), bei dem Gasdruck oder Rückstoß automatisch repetiert. Neuerdings Schnellfeuer-G. mit Einrichtung für Dauerfeuer (Feuerstöße) nach dem gleichen System wie Selbstlader. G., deren Läufe Drall haben, heißen Büchsen, solche mit glatten, ungezogenen Läufen für Schrotschuß Flinten. Jagd-G. mit 2 Läufen für Kugelschuß sind Doppelbüchsen, mit 2 Läufen für Schrotschuß Doppelflinten, mit je einem Schrot- und Kugellauf Büchsflinten. Drillinge sind Jagdwaffen mit 3 Läufen. Nahezu alle Handfeuerwaffen sind im äußeren Aufbau einander ähnlich: Kolben und Schaft sind aus Holz, neuerdings auch aus Kunststoff, die Läufe aus Stahl. Reicht der Schaft bis zur Mündung, spricht man von Stutzen. Die gebräuchl. Kaliber reichen von 5,6mm (Kleinkaliber) bis 15,4mm (Großwildbüchse).